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Geplante Stollengröße:
60 000-75 000 m²

Geplante Stollen:
10 Hauptstollen (A-J)
23 Querstollen

Ausgeführte Stollen:
1. Ebene:
7 Hauptstollen (A-G)
15 Querstollen
2. Ebene
1 Hauptstollen (H)
angefangene Querstollen

Baubeginn: Frühjahr 1944

KZ-Häftlinge: ca. 15 000

Alleine im KZ Melk/Quarz B9
grauenvoll ums Leben
gekommen:

ca. 5 000 KZ-Häftlinge

Höhe der Stollen:
1,5 m bis 12 m
je nach Ausbaustufe

Länge der Stollen:
ca. 200 bis 600 m

"Schindereien unter der Erde"

"Obwohl wir erst einen Tag im Lager Melk waren, hatten wir schon viel von diesem Mörderschacht gehört.

Wieder wurden wir durchgezählt, das xtemal schon an diesem Tage, dann setzte sich die Kolonne in Bewegung. Über grosse Sandhalden marschierten wir - vor uns, über das ganze Gelände gespannt, grosse Tarnungsnetze aus Blech und Grünzeug gegen Fliegersicht. Über Bahngleise, Eisenbahnschwellen, Baumaterial geht's - immer eingehakt - wehe, wer den Nebenmann loslässt! Bald schwebt er über dir, weil er über einen Holzhaufen klettern muss: er zerrt deinen Arm nach oben, er reißt ihn dir bald aus der Achsel, aber er hält fest, krampfhaft, als wäre einer an den anderen geschmiedet; eine lebende Kette, das ist die Kolonne, wie sie sich so durch die Hindernisse hindurchwindet, wie sie sich über alle hinwegschlängelt - ein Wurm aus Menschengliedern zusammengesetzt, so kriecht sie bis vor die Schachteingänge. "Halt!" Von neuem wird Aufstellung genommen, von neuem die verquollenen Reihen ausgerichtet, von neuem gezählt. Ein schriller Klingelton zerreisst die Luft: Schichtwechsel!

Vor uns gähnen, sechs nebeneinander, die Schachteingänge A bis F. Riesige Tunnel. Aus ihnen kommt jetzt die Tagschicht herausgequollen, lange dunkle Kolonnen. Vorn in den ersten Reihen sind alls schwer beladen. Immer zu viert schleppen sie Tragen, auf denen Tote liegen. In der Kolonne werden welche mitgeschleppt, die sich nicht mehr allein fortbewegen können - Kranke, bei der Arbeit Verletzte oder von der SS, von den Caposoder Steigern halbtot Geschlagene - viele haben zerschlagene Köpfe, schwarz verquollene Augen - Striemen laufen über die Gesichter - die ganze Kolonne macht den Eindruck, als sei sie ein großer Begräbniszug.

Auf der Sandhalde macht die Kolonne halt, wird mehrere Male durchgezählt. Plötzlich werden Nummern aufgerufen. Zögernd - sie wissen, was ihnen bevorsteht - treten die Aufgerufenen heraus. Auf einen Wink bückt sich der Erste, und nun schlägt weitausholend der Obercapo mit einem daumendicken Kabel auf den einen; schon beim sechsten Schlag bricht der Arme, der keinen Laut von sich gegeben hat, zusammen. Da tritt der Obercapo auf ihn ein, schlägt ihn mit dem Kabel über den Kopf - noch immer steht er nicht auf - da reißt er ihn hoch, ein anderer Capo springt hinzu, presst den Kopf des Häftlings zwischen seine Beine, und so festgehalten, kann er die ihm zugedachten 25 Schläge aufgezählt bekommen. Als der Capo ihn loslässt, sackt er zusammen, keine Schläge helfen mehr; er steht nicht mehr auf.

Er wird zu einem anderen auf eine der Tragen geworfen; der nächste ist dran. Der brüllt schon bei den ersten Schlägen so auf, dass es uns allen, die wir zusehen müssen, eiskalt den Rücken herunterläuft. Ihm ergeht es so swie seinem Kameraden - er bleibt auf dem Platze: mehrere liegen schließlich zerschlagen am Boden. Und warum?

Ich sollte es bald erfahren, warum täglich viele Strafaktionen beim Schichtwechsel vorgenommen wurden, worin die Verbrechen bestanden, die so grausam bestraft wurden. Die Häftlinge, die sich vor Übermüdung und Schwäche hatten nicht mehr halten können, hattten sich einen Moment gesetzt, waren aber von der herumgehenden SS oder Gestapo gesehen und ihre Nummer war aufgeschrieben worden.

Mit einem Male ertönte das Kommando: "Stollen F einmarschieren!" Wir bewegten uns auf den hell erleuchteten Stollen zu. Von allen Seiten kommen Züge gefahren, Kipploren, mit Zement beladen: wir laufen über kreuz und quer führende Schienenstränge, über unseren Köpfen surrt ein riesiges Förderband, das den Sand aus dem Stollen über die Halde abwirft. Der Stolleneingang, das Förderband, alles ist durch riesige Netze und durch künstlich hingesetzte Bäume gegen Fliegersicht getarnt, alle Holzverschläge sind tarnungsgemäß angestrichen."

BERICHT DES ZEITZEUGEN WALTER SAMMET aus Meißen.

Zeitzeugen Quelle: Tatsachen klagen an! Berichte der Überlebenden. Herausgegeben vom Rat der Stadt Dresden: Soziale Fürsorge Kommunale Hilfsstelle: Opfer des Faschismus. Herausgabe 1946. S. 16-17.

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